Am 03.08.2011 wurde die Neufassung des „Gesetz zur Anpassung der Vorschriften über den Wertersatz bei Widerruf von Fernabsatzverträgen und über verbundene Verträge“ im Bundesgesetzblatt Nr. 41/2011 veröffentlicht. Es tritt somit am Tag nach der Veröffentlichung, also heute am 04.08.2011 in Kraft.
Und jeder fragt:Warum denn schon wieder eine Änderung?
Dieses Gesetz wurde am 27.07.2011 vom Bundestag beschlossen. Diese neuerliche Änderung des bestehenden Widerrufsrechts wurde nötig, weil der (übergeordnete) Europäische Gerichtshof bereits am 3. September 2009 in einem Urteil die deutsche Regelung im Widerrufsrechtbeanstandet hatte: Denn nach deutscher Rechtslage kann ein Unternehmer von einem Kunden für die Nutzung einer im Fernabsatz verkauften Ware bei fristgerechtem Widerruf grundsätzlich Wertersatz verlangen. Hier bestehe nach dem EuGH aber ein Widerspruch zu einer entsprechenden EU-Richtlinie: Um diesem Widerspruch Abhilfe zu verschaffen musste das „Gesetz zur Anpassung der Vorschriften über den Wertersatz bei Widerruf von Fernabsatzverträgen und über verbundene Verträge“ beschlossen werden.
Als Reaktion auf das bereits erwähnte EuGH-Urteil wird nun also ein eigener Paragraph in den Gesetzestext eingefügt. Hier der Wortlaut:
„§ 312e Wertersatz bei Fernabsatzverträgen
(1) Bei Fernabsatzverträgen über die Lieferung von Waren hat der Verbraucher
abweichend von § 357 Absatz 1 Wertersatz für Nutzungen nach den Vorschriften
über den gesetzlichen Rücktritt nur zu leisten, 1. soweit er die Ware in einer Art und
Weise genutzt hat, die über die Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise
hinausgeht, und 2. wenn er zuvor vom Unternehmer auf diese Rechtsfolge hingewiesen
und entsprechend § 360 Absatz 1 oder 2 über sein Widerrufs- oder Rückgaberecht
belehrt worden ist oder von beidem anderweitig Kenntnis erlangt hat.“
Mit diesem neuen Paragraphen 312 e BGB werden die bestehenden Vorschriften an dieses Urteil des Europäischen Gerichtshofes angepasst. Denn hier geht es vor allem um den Wertersatz des Händlers gegenüber dem Verbraucher bei Fernabsatzverträgen.
Denn der EuGH hatte in seinem Urteil beanstandet, das die deutsche Umsetzung einer entsprechenden EU-Fernabsatzrichtlinie doch zu großzügig ausgefallen sei. Dennoch betreffen die meisten Änderungen nur sprachliche Formulierungen: Hier wird z. B. bei den „Kosten der Rücksendung“ das Wort „regelmäßig“ eingefügt: Also neu: „regelmäßige Kosten der Rücksendung“.
Diese Änderungen sollen den Verbraucher vor zu hohen Rücksendekosten schützen, indem hier die marktüblichen Kosten als Bemessungsgrundlage angesetzt werden.
Fragt sich: Was wird denn alles neu geregelt?
Insbesondere der Bereich Wertersatz in Zusammenhang mit dem Widerrufvon Fernabsatzverträgen und der damit verbundenen Rückgabe wird neu geregelt. Im Detail also auch, wer die Kostenübernehmen muss, die bei der Rückabwicklung der Verträge anfallen. Galt bisherin Deutschland: Der Verbraucher hat im Falle der Rücksendung der Ware nach Ausübung seines Widerrufsrechts unter Umständen Wertersatz für die Verschlechterung der Ware, die durch seine bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache entstanden ist, zu leisten.
Darauf aufbauend nimmt die neue Regelung hier jetzt einige Änderungen vor:
Einerseits soll der Verbraucher auch weiterhin, ähnlich wie im Ladengeschäft, die erworbene Ware prüfen können (was ja bisher auch schon der ursprüngliche Sinn des Widerrufs- und Rückgaberechtes war: nämlich dem Verbraucher auch bei Fernabsatzgeschäften die Möglichkeit zu geben, die Ware zu begutachten, zu prüfen und sich gegebenenfalls gegen einen Kauf zu entscheiden, so wie in jedem Laden auch).
Andererseits muss aber auch der Händler davor geschützt werden, dass der Verbraucher diese Situation ausnutzt und die Ware zurückschickt, die er bereits intensiv in Gebrauch hatte und die jetzt, sei es durch Abnutzung, Gebrauchspuren oder Vergleichbares an Wert verloren hat. Deshalb werden die durch ein übermäßiges Prüfen der Ware durch den Verbraucher entstehenden Wertminderungen, bzw. die daraus für den Händler entstehenden Kosten, logischerweise auch dem Verbraucher auferlegt.
Da stellt sich natürlich sofort jedem Beobachter die nicht uninteressante Frage:
Wer entscheidet bzw. beurteilt denn, was eine „übermäßige Prüfung“ ist und was nicht?
Die Beweispflicht liegt immer beim Unternehmer: In der Praxis könnte der Unternehmer eine vom Verbraucher zurückgesandte Ware zwar gegenüber dem Verbraucher monieren, aber den „Missbrauch“ beweisen muss letztendlich immer der Unternehmer. Also gilt:Sofort nach Eingang der Rücksendung muss die Ware gründlich kontrolliert undgegebenenfalls auch „Beweise gesichert werden“!
Was müssen Sie jetzt als Händler tun?
Mit dem Inkrafttreten des neuen „Gesetzes zur Anpassung der Vorschriften über den Wertersatz bei Widerruf von Fernabsatzverträgen und über verbunden Verträge“ vom 04.08.2011 wird natürlich auch der Gesetzestext für die Musterwiderrufsbelehrung geändert.
Der „ehemalige“ Mustertext der Widerrufsbelehrung ist jetzt in Teilen neu formuliert worden. Da der Gesetzgeber eine Übergangsfrist von drei Monaten ab Inkrafttreten des neuen Gesetzes,also bis zum 04.11.2011vorgesehen hat, kann die „bekannte, alte“ Musterwiderrufsbelehrung vom 11.06.2010noch rund drei Monate lang verwendet werden, ohne dass Abmahnungen drohen.
Unsere Empfehlung:
Entscheiden Sie sich so schnell wie möglich, verwenden Sie diese neue Musterwiderrufsbelehrung, denn diese hat doch Vorteile gegenüber der alten und Sie laufen auch nicht Gefahr, die eingeräumte Frist zur Abänderung zu versäumen und dann darauf spezialisierten Anwälten gutes Geld für Abmahnungen zahlen zu müssen.
Den kompletten Text und weitere, sicher auch für Sie wertvolle Hinweise zur Verwendung dieser neuen Musterwiderrufsbelehrung finden Sie auf der Webseite der allseits bekannten Anwälte von Internetrecht-Rostock: http://www.internetrecht-rostock.de/neue-widerrufsbelehrung-2011.htm
Unsere weitere Quelle:
Bundesgesetzblatt online: http://www.bgbl.de/Xaver/start.xav?startbk=Bundesanzeiger_BGBl
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