Internetmarketer, Unternehmer, Führungskräfte wie auch der Jugendliche in der S-Bahn neben mir zeigen uns tagtäglich, dass es in dieser immer hektischer werdenden Arbeitswelt einfach unverzichtbar zu sein scheint, Multitasking zu können und auch durchzuführen, um die anscheinend wahnsinnige Masse an zu bewältigenden Aufgaben auch unter Zeitdruck abarbeiten zu können…
Einwurf: Was ist eigentlich Multitasking?
Multitasking kommt als Begriff ursprünglich aus dem Computer-Bereich und beschreibt die Fähigkeit eines Betriebssystems, mehrere Aufgaben gleichzeitig auszuführen.
Sie als idealer Internetuser sollten belastbar und flexibel sein… Und die Steigerung davon ist „multitaskingfähig“ … als anscheinend optimiert Arbeitender erledigen Sie wie ein Computer natürlich zeitgleich mehrere Aufgaben und sind somit der Traum jedes modernen Arbeitgebers…
Multitasking galt lange Zeit als das Nonplusultra in der Bearbeitung aller anfallenden Arbeiten. Wurden diejenigen im Job doch hochgelobt, die sich dazu bekannten, tausende von anstehenden Aufgaben anscheinend gleichzeitig erledigen zu können.
Wer da nicht in Stress gerät, ist hart im Nehmen – oder eines der wenigen wirklichen Multitasking-Genie, denn mittlerweile ist wissenschaftlich anerkannt: „Viele Dinge parallel zu tun, kostet Kraft, verursacht Stress und ist eigentlich gegen unsere Natur“. Sicher ist aber auch: Bestimmte Multitasking-Vorgänge kann man sich antrainieren, bei allen anderen Aufgaben sollte man Prioritäten setzen.
Multitasking birgt nicht nur für mich die große Gefahr, durch ständige Ablenkung einfach den Überblick zu verlieren.
Dieser Mythos vom „alles in den Schatten stellenden“ multitaskingaffinen Schaffenden scheint nicht aus zu rotten zu sein. Soll Multitasking Sie denn nicht produktiver machen, weil Sie mehrere Dinge gleichzeitig erledigen können? Sie glauben zwar, dass Sie mehr schaffen und haben so ein gutes Gefühl dabei multitaskingfähig zu sein, aber dem ist nicht so:
Denn geschäftig hin und her zu wuseln ist wirklich nicht dasselbe, wie produktiv zu sein. Aktionismus pur? Viele geben diesem Druck nach und beschwören in eigener Selbstverleugnung ihre ach so wahnsinnigen Multitaskingfähigkeiten. Dabei führt genau das ja in den meisten Fällen erst recht ins Chaos – oder in die Klinik, ausgebrannt, aber anscheinend multitaskingfähig bis zum Exitus… (aktuelles Stichwort: Burn-Out).
Reden auch Sie sich vielleicht immer wieder ein, dass Sie Multitasking wirklich beherrschen und es die Qualität Ihrer Arbeit nur positiv beeinflusst?
Sorry, aber diverse Untersuchungen haben erwiesen, dass Multitasking im Vergleich zur bewährten, aber postmodern antiquierten „Schritt-für-Schritt“-Methode wirklich gar nichts an Vorteilen bringt: Im Gegenteil: Multitasking verringert vielmehr nur die Qualität Ihrer Arbeit!
Auch Ihre Erfahrung wird doch auch gezeigt haben, dass Sie Ihre Arbeit dann am besten erledigen, wenn Sie sich auf eine einzelne Aufgabe konzentrieren… Denn wer viele Dinge gleichzeitig versucht zu erledigen, wird automatisch hektisch. Und Hektik bedeutet Stress…
Seien Sie sich dessen bewusst, dass Multitasking – selbst wenn Sie glauben, dass Sie das tatsächlich können – sehr stressig ist und früher oder später seinen Tribut fordert.
Dazu habe ich vor kurzem auf einer Tagung gehört:
Wer Multitasking betreibt, hat es häufig versäumt…
- Prioritäten zu setzen
- unwichtige Aufgaben zu eliminieren
- Ablenkungen von sich fernzuhalten
- den Tag strukturiert zu planen
- Arbeiten an die richtigen Leute zu delegieren
Gewöhnen Sie sich doch lieber an, diese Ihre hektische Arbeitsweise umzustellen und erledigen Sie eins nach dem anderen!
Sie werden feststellen, dass das nicht nur gesünder, sondern auf Dauer auch effizienter ist. Warum wollen Sie mehr Stress als nötig haben?
Und wenn schon, dann aber bitte „sinnvolles“ Multitasking: Sie sind wirklich „harter“ Multitasker:
Dann überlegen Sie bitte: Nur wenn eine Tätigkeit (z.B. Joggen oder Bahnfahren) ohne bewusste Konzentration ablaufen kann, ist Multitasking sinnvoll: Dann sollten Sie einfach unwichtige Aufgaben miteinander kombinieren. Hören sie beim Joggen oder Einkaufen Hörbücher, lesen Sie während der Werbepausen im Fernsehen oder wenn Sie anderweitig warten ein eBook. So sind Sie nicht nur produktiver, sondern nutzen auch jede Gelegenheit, sich weiterzubilden.
Wissenschaftlich ist mittlerweile erwiesen, dass Multitasker besonders kreative Aufgaben schlechter und weniger effektiv ausführen, als Menschen, die sich nur auf eine einzige Aufgabe konzentrieren.
Denn wenn Sie beispielsweise gleichzeitig telefonieren und auch noch eine E-Mail schreiben ist dies weder effizient noch produktiv. Ihre eigentlich zu erwartende gute Leistung schmälern Sie und lassen Ihre eigentlich vorhandene Kreativität sich nicht voll entfalten:
Monotasking heißt das Zauberwort. Dazu gibt es eine Zen-Weisheit, die ich vor langer Zeit gelesen habe:
„Wenn ich hungrig bin, esse ich, wenn ich müde bin, schlafe ich“…
Klingt vielleicht einfach. Ist es aber in unserer reizüberfluteten Zeit nicht, denn sie bedeutet, nur eine Sache zu machen, essen, schlafen, schreiben, surfen, lesen, was auch immer. Aber wirklich nur eines, und das dann auch bewusst. Ja, Zeit ist etwas kostbares, deswegen sollten Sie versuchen, die Dinge nicht nur halbherzig zu machen oder nur mit halber Aufmerksamkeit, weil eben diese investierte Zeit doch eigentlich zu schade ist, so vergeudet zu werden.
Es geht mir hier nur um mehr Qualität statt Quantität… Es ist doch in der Tat viel effizienter, wenn Sie sich auf genau eine Aufgabe konzentrieren, als ständig hin und her zu wechseln und am Ende nichts richtig erledigt zu haben.
Warum ist Monotasking vorzuziehen?
Effizienter, produktiver, konzentrierter und stressfreier! Schalten Sie doch mal einen Gang runter versuchen Sie es mal mit Monotasking. Denn wenn Sie zwischen Aufgaben hin und her springen, bringen Sie bei keiner Aufgabe die wirklich volle Leistung, die Sie bringen könnten. Ihre Effektivität ist – naja – stark reduziert.
Und noch ein Hinweis: Falls eine Aufgabe im Multitasking dann doch zu schwer wird, neigen viele Multitasker dazu, schnell zu einer anderen Aufgabe zu wechseln und die bereits begonnene Aufgabe auf „Ultimo“ zu schieben.
Demgegenüber setzen sich Monotasker viel intensiver mit einer Ihnen übertragenen Aufgabe auseinander und steigern so die Arbeitsqualität. Denn berücksichtigen Sie bitte: Auch das Abbrechen und Wiederaufnehmen von Aufgaben kostet Zeit und Energie, die sich Monotasker ganz einfach sparen!
Also schalten Sie bewusst Ihr Handy ab oder prüfen Sie Ihre E-Mails nur zu bestimmten, festgelegten Uhrzeiten… Seien Sie nicht immer und für Jeden erreichbar: Dann wächst Ihre Aufmerksamkeit für Ihre Umgebung und Sie können sich weitaus leichter und mit wirklich voller Konzentration auf Ihre Aufgaben und andere Menschen einlassen.
Das Zauberwort heißt Entschleunigung!
Klingt banal und für Multitasker nicht umsetzbar, aber mit ganz einfachen Mitteln können Sie Ihren Joballtag entschleunigen. Lassen Sie sich bei Ihrer Arbeit doch nicht mehr ablenken, vermeiden Sie es gestört zu werden. Sitzen Sie an einer länger dauernden Aufgabe, können Sie einen Kollegen bitten für Sie das Telefon so lange zu übernehmen. Oder schalten Sie Ihr Telefon aus und besprechen Ihren vorgeschalteten Anrufbeantworter mit: „Ich bin für Sie von … bis … gerne erreichbar, aber sonst versuche ich konzentriert und möglichst ungestört zu arbeiten…“
Nein Sie müssen nicht jede neu eingegangene E-Mails am PC sofort abrufen und beantworten, optimieren Sie Ihren Zeitablauf und öffnen Sie Ihre E-Mails nur zu von Ihnen festgelegten Zeitpunkten. Und noch ein Hinweis: Nutzen Sie verschiedene Geräte und E-Mail-Adressen für die berufliche und private Kommunikation. Nehmen Sie sich eine dienstliche Auszeit: Hier genutzte Handys sollten nach Feierabend, am Wochenende und im Urlaub ausgeschaltet bleiben.
Glauben Sie bitte nicht, Sie seinen unersetzlich und ohne Sie würde alles zusammenbrechen. Das erinnert mich immer an einen Spruch eines wirklich kompetenten Unternehmensberaters: „Stören Sie meinen Kollegen bitte jetzt nicht, er rettet gerade Deutschland“:
Und dann sehen Sie sich mal die Todesanzeigen in Ihrer Tageszeitung an: Wie oft steht da „plötzlich und unerwartet…“ und was dachte dieser vor Tagen gestorbene Zeitgenosse: „Er“ sei unersetzlich… wirklich?
Multitasking ist für mich ein Wahn, um sich „pseudomässig“ durch Aktionismus zu profilieren. Letztenendes kann doch nur eines nach dem anderen erledigt werden…
… meint Dr. HJ Karg