Wenn ich weiß, wie mein Kunde tickt, dann ist Verkaufen doch kinderleicht, oder ???..Teil 2
Sie haben in meinem vorangegangenen Post „Verkaufen ist dann doch einfach“ gesehen, dass es vielleicht ganz gut sein kann, sich als Anbieter oder sagen wir ruhig Verkäufer, in die Rolle des Interessenten und vielleicht möglichen Kunden hineinzuversetzen:
Denn ein „Nein“ eines Interessenten bedeutet in den meisten Fällen doch gar kein Nein im tatsächlichen Sinne des Wortes, sondern eher einen Hinweis wie „ich bin noch nicht soweit“, „ich brauche noch Informationen“, „ich muss erst warten bis das und das geschehen ist“, „ich muss noch mit Person XY darüber sprechen“, etc. etc.
Wenn Sie jetzt als der „Gegenüber“ dieses „Zaudernden“, ich bezeichne Sie jetzt mal mit „Verkäufer“, aufgeben, haben Sie schon verloren, Vielmehr sollten Sie versuchen, diesen eigentlich einfach zu verstehenden Prozess, den der Kunde gerade durchläuft, zu begreifen:
Haben Sie diesen Prozess erkannt und begriffen, dann können Sie diese Erkenntnis auch locker und vor allem ohne Zeitdruck auch einfach umsetzen: Versuchen Sie als „verstehender Verkäufer“ Ihren Kunden auf seinem Weg zu begleiten, d.h. in sinnvollen Zeitabschnitten nachzufassen, nachzufragen, weitere Informationen zu liefern, Vertrauen aufzubauen etc. Ihr Kunde wird es Ihnen danken und sicher Ihr Kunde bleiben, bis er dann doch endlich abschliesst…
Dieser vertrauensbildende Prozess kann sich über Tage, Monate oder auch je nach Branche und benötigtem Kapitaleinsatz durchaus auch über mehrere Jahre erstrecken… das sollten Sie nicht ausser Acht lassen:
Denn ist Ihr Kunde (endlich) am Ende seines Entscheidungsprozesses angekommen und Sie sind als Verkäufer (oder doch besser partnerschaftlicher Berater) immer noch präsent, d.h. Ihrem Kunden als potentieller Problemlöser bekannt und darüber hinaus auch noch kompetent und sympatisch rübergekommen, dann stehen die Chancen bestens, dass der Kunde sich für Sie entscheidet.
Denn verstehen Sie mich bitte recht, Ihr Kunde muss doch wirklich nicht bei Ihnen kaufen, er kann sich heute aus vielen Anbietern den ihm passenden einfach aussuchen.
Geben Sie als Verkäufer zu früh auf und ist Ihrem Kunden das Ende seines Kaufs-Prozesses noch nicht präsent, dann macht Ihr Kunde das Geschäft vielleicht mit dem nächstbesten Mitbewerber, der dann gerade zur Stelle ist.
Dumm gelaufen, ärgerlich! Aber warum sind Sie als Verkäufer leer ausgegangen? Fragen Sie sich das jetzt wirklich noch? Dranbleiben wäre die Devise gewesen…
Bei mir hat sich in der Vergangenheit leider der Eindruck verfestigt, dass viele Verkäufer „dieses Verkaufs-Beraten“ wirklich noch nicht begriffen haben. Leider, denn wozu gibt es denn diese teuren Schulungen? Und dennoch sind so viele zu sehr Verkäufer, machen Druck und scheitern…
Darf ich Ihnen ein kurzes, aber leider prägnantes Beispiel aus dem wirklichen Leben vorstellen:
Vor einigen Tagen ging ich hier in München in ein renommiertes Fachhandelsgeschäft für Fotoapparate und erkundigte mich nach einer bestimmten Spiegelreflex-Digitalkamera der Marke CANON, die ich als Nachfolger für meine alte 10 Jahre noch mit Negativen arbeitende CANON Siegelreflex mir anschaffen wollte. Ich gebe auch ehrlicherweise zu, ich hatte zu diesem Zeitpunkt noch kein wirklich konkretes Kaufinteresse sondern war erst mal noch in der Phase meiner Informationsbeschaffung.
Verstehen Sie? „ICH WAR IN DER PHASE MEINER INFORMATIONSBESCHAFFUNG“ habe ich gerade geschrieben. Ich befand mich also in einem Prozess meiner Kaufentscheidung.
Dieser Prozess hatte nicht gerade jetzt erst begonnen, sondern war schon so weit fortgeschritten, dass ich in die City gefahren bin, um weitere Informationen zu holen… und er endete damit, dass ich letztendlich eine Spiegelreflex-Digital-Camera kaufte. Allerdings nicht in dem Fachhandelsgeschäft, das ich zunächst aufgesucht hatte.
Denn der Verkäufer in diesem ersten Geschäft hatte meinen (Informations-) Prozess vor dem eigentlichen Kauf schlichtweg nicht erkannt: Er war sich aufgrund meiner Fragen anscheinend ziemlich schnell sicher, dass ich heute noch nicht kaufen werde und war dementsprechend „kurz angebunden“ und gab mir nicht die aus meiner Sicht benötigten Informationen…
Einschub:
Wie einfach wäre es für diesen Verkäufer doch gewesen, mich um meine E-Mail-Adresse zu bitten, verbunden mit der Aussage „Sie bekommen von uns kostenlose wertvolle Informationen und hier und da auch Spezialangebote“. Ich hätte mich gefreut und gerne Ihm meine E-Mail-Adresse gegeben… Dieses sich „Fachgeschäft“ bezeichnende Geschäft hätte sich positionieren können und wäre von diesem Zeitpunkt an in der Lage gewesen, mich in meinem Entscheidungsprozess zu begleiten, sei es durch Nachfassen oder vielleicht auch durch mehrfaches Zusenden von passenden Informationen.
Fragen Sie sich einmal: Was hätte dieses Geschäft dadurch erreicht?
Es hätte sich bei mir als Problemlöser etablieren und vor allen Dingen: Es hätte ein VERTRAUENSVERHÄLTNIS aufbauen können.
Kostenlos und ohne großen Aufwand, nur durch das Versenden von Informationen in einigen E-Mails.
Sie werden sich jetzt sicherlich schon denken können, was passierte: Nämlich gar nichts: Ich verließ recht frustriert das „Fach“Geschäft und der Verkäufer war wohl auch ganz froh, mich losgeworden zu sein…
Da ich immer noch nicht wusste, welche Spiegelreflex-Digital-Camera ich als Ersatz für meine alte Spiegelreflex-Camera ich mir zulegen sollte (und wollte) ging ich nach rd einer Woche des Informierens im Internet zu einem weiteren Fachhändler, trug da meine Ideen und Gedanken wie beim ersten vor und geriet an einen „Verkäufer“, der mich mit einer verblüffenden Direktheit fragte:
„Was wollen Sie denn mit diesem ganzen Schnickschnack, brauchen Sie denn wirklich diese 14 Features? Was wollen Sie denn eigentlich fotografieren???“
Und da war ich erst einmal sprachlos und erklärte ihm dann, dass es mir eigentlich nur um Portrait und Landschaftsaufnahmen ginge…
Und was machte dieser (nunmehr fast schon) Berater? Er gab mir eine weitaus billigere CANON-Camera als ich mir ursprünglich vorgestellt hatte in die Hand, ging mit mir zum Ausgang und forderte mich auf, ein paar Aufnahmen („wie Sie es doch sonst auch machen“) zu probieren, gesagt getan, zurück an seinem Laptop zeigte er mir das Ergebnis, ich war echt sprachlos, was die doch rd 200 EURO billigere Camera konnte, und wollte sie schier nicht mehr aus der Hand geben…
Natürlich habe ich sie gekauft, denn dieser Verkäufer hat mich nicht nur beraten, er hat meine Bedürfnisse so was von klar erkannt und mich rundum „ZUFRIEDEN“ gestellt… Er hat meine Wünsche gesehen, erkannt und umgesetzt… Und so einen Kunden gewonnen, der wirklich ein Weiterempfehler sein wird…
Denn Sie kennen ja den alten, aber immer noch treffenden „Verkäuferspruch“:
Ein gutes Image aufzubauen kostet Jahre, es zu zerstören nur Minuten…
Anhand meines Beispiels können wir die Frage „wann kaufen Kunden“ also ganz einfach und entspannt beantworten:
Kunden kaufen dann und erst dann, wenn sie am Ende ihres persönlichen Entscheidungs-Prozesses angekommen sind. – Und meist nicht früher oder später!
Machen Sie das Beste aus diesen Überlegungen und fragen Sie sich: Gehe ich bei meinem Online – wie Offline Verkauf wirklich so aktiv auf meinen Kunden ein wie dieser Foto-Verkäufer?
… wünscht Ihnen Ihr
Dr. Hans Jürgen Karg
PS: wenn Sie old-fashioned noch mit Negativ geschossene, etwas exotische Bilder aus Burma/Myanmar sehen wollen, dann klicken Sie zur Entspannung einfach mal auf www.burma-reisebericht.de … Viel Spass!
2 Comments
Dr. Hans-Jürgen Karg
Hallo Herr Hoyer,
ja der „wirkliche“ Verkaufsprozess ist manchmal ein Problem…
Und gerade auch „Vollblutverkäufer“ werden desinteressiert an einem möglichen Kunden, wenn sie nicht den sofortigen Verkaufsabschluss sehen…
Dank für Ihren Kommentar sagt Dr. Hans-Jürgen Karg
Bernd Hoyer
Danke für diese „Erinnerung“! Man vergißt oftmals, wie der Verkaufsprozess WIRKLICH abläuft. Insbesondere dann, wenn man kein „gelernter Verkäufer“ ist.
Das war mal wieder die richtige Erinnerung, zur richtigen Zeit … zumindest für mich. Wirklich gut verständliche Praxisbeispiele.