Keine Abmahnung ohne vorherigen Kontakt, und da meint mancher juristisch nicht ganz so bewanderte User, er sei damit auf der rechtlich sicheren Seite, wenn er so oder ähnlich schreibt:
Keine Abmahnung ohne vorherigen Kontakt!
Sollte der Inhalt oder die Aufmachung dieser Seite fremde Rechte Dritter oder gesetzliche Bestimmungen verletzen, so bitten wir um einen entsprechenden Hinweis ohne Kostennote.Wir garantieren, dass die zu Recht beanstandeten Passagen unverzüglich entfernt werden, ohne dass von Ihrer Seite die Einschaltung eines Anwalts erforderlich ist. Sollten Sie einen Anwalt einschalten werden wir diese Kosten vollumfänglich zurückweisen gegebenenfalls Gegenklage wegen Verletzung vorgenannter Bestimmung einzureichen.
Mit diesem Hinweis oder auch Zusatz in so manchem Impressum meint der Webseitenbetreiber, dass vor einer anwaltlichen Abmahnung zunächst ohne die Einschaltung eines Anwalts mit dem Betreiber der Webseiten Kontakt aufgenommen werden solle. Für den Fall, dass dies nicht erfolgt, so wird meist weiter geschrieben, werde die Erstattung von Anwaltskosten auf der Grundlage einer Schadensminderungspflicht zurückgewiesen.
Dieser „Abmahn-Disclaimer“ ist zwar meist schön formuliert (oder abgekupfert), rechtlich aber nahezu bedeutungslos!
Unstrittig ist im Bundesdeutschen Rechtsverständnis, dass bereits durch einen einmaligen Rechtsverstoß eine Wiederholungsgefahr begründet wird. Und um diese Wiederholungsgefahr des Verstoßes auszuräumen, ist die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung erforderlich…
Dabei ist seit langem anerkannt und so stellt § 12 Abs. 1 UWG nicht nur klar, dass der zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs berechtigte Mitbewerber bei Wettbewerbsverletzungen (oder der Verletzung von Urheberrechten, Markenrechten oder sonstigen Schutzrechten) sofort und ohne Vorwarnung grundsätzlich nicht nur abmahnen kann, sondern auch abmahnen soll, um ein gerichtliches Verfahren möglichst zu vermeiden.
Und hierfür darf man sich auch eines Rechtsanwalts bedienen und der Abgemahnte hat die hierdurch entstehenden Kosten zu tragen und diese Kostentragungspflicht im Fall einer Abmahnung kann nicht durch einen einseitigen Disclaimer auf der Website vermieden werden, denn eine berechtigte Abmahnung stellt letztlich kein missbräuchliches Verhalten der Klägerin im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG dar und widerspricht auch nicht den (wie so oft falsch angewandten) Grundsätzen von Treu und Glauben des § 242 BGB.
Von daher bringt ein solcher Zusatz „keine Abmahnung ohne vorherigen Kontakt“ im Impressum in Hinsicht auf einen Schutz vor Abmahnungen herzlich wenig:
Ganz im Gegenteil:
Wer einen solchen Zusatz im Impressum führt, kann einen rechtlich unkundigen Mitbewerber in dieser Frage verunsichern, denn entgegen der tatsächlichen Rechtslage wird durch diesen Passus der (rechtlich falsche) Eindruck erweckt, ein Mitbewerber müsse zwingend zunächst ohne Anwalt Kontakt aufnehmen und die Beseitigung des Verstoßes verlangen.
Vor diesem Hintergrund kann in der Verwendung eines solchen Zusatzes im Impressum gerade eine Täuschung über die tatsächliche Rechtslage gesehen werden.
Und diese bewusste Täuschung wäre wiederum wettbewerbswidrig und kann damit ein Grund für eine Abmahnung darstellen…
Sie sollten rechtlich sichergehen und auf solch einen „Abmahn-Disclaimer“ verzichten…
… meint Dr. HJ Karg
PS: Interessant ist im Zusammenhang mit „Keine Abmahnung ohne vorherigen Kontakt“-Zusätzen im Impressum ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 31.01.2012, (Az.: I-4 U 169/11) das meine oben dargestellte Auffassung der Irreführung und der Nutzlosigkeit des Disclaimers bestätigt und einem Webseiten Betreiber, der solch einen Passus im Impressum hatte, gerade deswegen die (eigentlich bestehende) Befugnis abgesprochen wurde, einen Mitbewerber selbst ohne vorherige Kontaktaufnahme kostenpflichtig anwaltlich abmahnen zu lassen.
PPS: Ist Ihr Impressum eigentlich barrierefrei? Mehr dazu hier: Haben Sie das gesetzlich vorgeschriebene, barrierefreie Impressum?
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