Es ist nun mehr als ein Jahr her, dass ein allseits bekannte Blogger über einen angeblichen Schleichwerbung-Skandal in der deutschen Blog-Szene berichtete, was ihm sogar Einzug in den Spiegel brachte.
Nun, nach einem Jahr haben sich die Wogen der Entrüstung gelegt, dennoch gehört Schleichwerbung im Netz immer noch zum Alltag. Ob über Twitter, Facebook oder Blogs – wenn Sie sich nur ein wenig in der Bloggerszene umsehen, dann erkennen Sie: etliche Nutzer verdienen an vermeintlich objektiven Berichten.
Zur Rechtslage:
Wenn die US-Regierung nun Schleichwerbung im Internet verbietet, indem sie versteckte Werbung in Blogs, auf Twitter und in Sozialen Netzwerken wie Facebook transparent machen will (Blogger müssen jetzt ja angeben und kennzeichnen, wenn sie Produkte oder Dienstleistungen empfehlen und dafür eine Gegenleistung bekommen. Wenn nicht, kann dies mit einer Geldstrafe von bis zu 11.000 Dollar pro Fall belegt werden), wie sieht das denn im deutschen Recht aus…
Hintergrund ist doch, dass in der Vergangenheit viele Blogger und Social-Media-Nutzer eine unabhängige Bewertung vorgetäuscht haben, aber von Firmen dafür bezahlt wurden. So ist Geld-Annehmen für Links oder Artikel-Veröffentlichen in der deutschen Blogosphäre an der Tagesordnung. Hier werden für gesetzte Backlinks meist zwischen 5 – 55 EUR gezahlt. Sanktionen mussten diese nicht befürchten, galt schließlich das Internet bis vor einigen Jahren als weitgehend unregulierter, fast rechtsfreier Raum. Und in diesem war eine Trennung zwischen Werbung und unabhängigen Inhalten angeblich nicht unbedingt notwendig…
Auf diesen angeblich rechtsfreien Raum berief sich auch eine eigentlich seriös recherchierende Institution wie die Wirtschaftswoche und meinte:
„Von Schleichwerbung im rechtlichen Sinne lässt …sich nicht reden. Zumal diese (Schleichwerbung) Print- und Rundfunk-Medien verboten ist, Bloggern aber nicht.“
Warum dann nicht dieses schnell zu verdienende Geld annehmen, denken sich so manche Blogger, berufen sich auf diesen (mittlerweile korrigierten!) Artikel in der Wirtschaftswoche und meinen so, das Nicht-Kennzeichnen von gekauften Links oder Artikeln sei auch noch rechtmäßig…
Juristisch liegt der Fall doch recht klar:
Getarnte Werbung, sogenannte Schleichwerbung, verstößt nun mal ganz leicht gegen geltendes Recht: Es kann hier sowohl ein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht (§ 4 Nr. 3 UWG; Nr.11 der Anlage zu § 3 Abs.3 UWG), das Telemediengesetz (§ 6 Abs.1 Nr. 1 und 2 TMG) und den Rundfunkstaatsvertrag (§ 58 Abs.1 RfStV) vorliegen.
Ist ein bezahlter Bericht oder auch nur ein gekaufter Link nicht wirklich klar als Werbung gekennzeichnet, handeln sowohl der Blogger als auch der Auftraggeber rechtswidrig und da ist es auch egal, wenn dieses Vorgehen als juristisch anscheinend unbedenkliche „kommerzielle PR-Kooperation“ bezeichnet wird: Die generelle Pflicht zur Trennung von Werbung und redaktionellem Text hat schon das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss v. 21.07.2005, Az. 1 BvR 217/99, klar festgestellt. Galt dies damals noch für die Printmedien, ist dieser Grundsatz sicher heute auch auf Internetmedien anzuwenden.
Und bitte bedenken Sie: Wenn Schleichwerbung im Internet immer noch weit verbreitet sein mag, so ändert dies nichts an der rechtlichen Bewertung. Und die wird durch die laufende Rechtsprechung gestützt:
Hat doch letztlich auch das LG Itzehoe (Urt. v. 06.04.2010 – Az.: 5 O 81/09) klar gestellt, dass eine als redaktioneller Artikel getarnte Werbung wettbewerbswidrig ist.
Ja, die Richter beanstandeten dies als unzulässige Schleichwerbung, denn den eigentlichen Werbecharakter machten die Juristen insbesondere an dem Umstand fest, dass der Zeitungsbericht nur von einem einzigen Produkt berichtete: Weder seien Vergleichsprodukte angeführt worden noch seien kritische Aspekte des betreffenden Produktes beleuchtet worden!
Galt dieses Urteil für Printmedien, schreiben die Richter des LG Düsseldorf im Urteil v. 24.08.2011, Az. 12 O 329/11, von LG Düsseldorf:
„Werbung muss in Blogs und Webseiten gekennzeichnet und vom übrigen Inhalt eindeutig getrennt sein. Das ergibt sich bereits aus § 58 Abs. 1 RStV“ und führen in der Urteilsbegründung weiter aus: „Die Beiträge auf der Webseite der Beklagten vermittelten sowohl im „Anleser“ als auch in dem über den „Anleser“ anklickbaren Artikel dem situationsadäquat aufmerksamen Durchschnittsleser den Eindruck eines redaktionellen Beitrages und verschleierten, dass es sich um der Verkaufsförderung dienende Werbung handele. Daher liege ein Wettbewerbsverstoß vor. Die Beklagte sei verpflichtet, derartige Inhalte eindeutig mit den Worten „Anzeige“ oder „Werbung“ zu kennzeichnen.“
Wie sieht es da bei so manchen Beiträgen auch eigentlich renommierter Internet-Marketer aus, die bei einer Produktvorstellung oder -beschreibung „einfach nur mal die Wettbewerber vergessen“?
Ist hier noch von objektiver Berichterstattung zu sprechen? Nichts gegen eine (fundierte) eigene Meinung eines Bloggers, aber ist da manchmal nicht bewusste praktizierte Schleichwerbung zu finden? Vielleicht sollten diese Kollegen einmal in einer ruhigen Minute das Urteil des OLG München (Urt. v. 10.12.2009 – Az.: 29 U 2841/09) lesen, bei dem es um verbotene, weil versteckte Link-Werbung ging…
Die Münchner Richter meinten:
„…erwartet ein Internet-User auf einer Webseite redaktionelle Inhalte und findet jedoch nur versteckte Link-Werbung vor, dann handelt es sich um unzulässige Schleichwerbung…“
Was war der Anlass?
Die Münchener Richter sahen einen Verstoß gegen den klassischen Grundsatz der Trennung von Redaktion und Werbung, weil die Beklagte, die ein Internet-Portal mit redaktionellen Inhalten betrieb, auf ihrer Seite auch Links platziert hatte, die auf Unterseiten mit Werbung verwiesen.
Dabei war für die Richter der werbende Charakter der Inhalte nicht klar kenntlich gemacht… Und die Richter argumentierten weiter:
„durch die vorgenommene Einbettung von Werbe-Links und die fehlende ausreichende Kennzeichnung gehe der durchschnittliche Surfer von redaktionellen Inhalten aus. Diese Form der Werbung sei daher eine wettbewerbswidrige Schleichwerbung…“
Sind dann Affiliatelinks auch als Werbelinks zu kennzeichnen?
Geht man von der gleichen Überlegung aus, liegt nur dann kein Verstoß gegen das Schleichwerbeverbot vor, wenn der Werbecharakter des Links bei einer Gesamtbetrachtung ohne weiteres erkennbar ist und der Link selbst keine gesonderte eigene Werbewirkung entfaltet. Und das ist gerade bei Affiliatelinks nicht gegeben. Aus diesem Grund sind meines Erachtens Affiliate-Links zu kennzeichnen!
Wie dabei vorzugehen ist, ist richterlich noch nicht entschieden, man könnte „sicherheitshalber“ hinter einen Affiliate-Link zB „Affiliatelink“ oder „Partnerlink“ schreiben. Wahrscheinlich dürfte es aber auch reichen, hinter jedem Affiliate-Link ein Sternchen * einzufügen und in den Blogs und Affiliate-Seiten (gut sichtbar) eine Erklärung (* = Affiliatelink) einzubauen…
Und wie sieht die Realität da Draußen aus?
Unter SEO (Search Engine Optimization, also Suchmaschinenoptimierung) versteht man alle Maßnahmen, die dazu beitragen sollen, die Positionierung einer Webseite in den Suchlisten der Suchmaschinen zu verbessern.
Dabei unterscheiden wir generell in lautere, allgemein anerkannte werbliche Methoden, aber auch unlautere Tricks von sog. Black-Hats, auf die ich hier jedoch nicht eingehen möchte…
Einigkeit besteht aber über die Effizienz von Backlinks: Diese verweisen auf eine fremde, dritte Webseite aus ihrem redaktionellen Umfeld heraus. Google sah in Backlinks bislang einen „Wichtigkeitsfaktor“, der sich auf das Ranking nach dem Google Algorithmus positiv auswirkte.
Wie sich das zukünftig nach der von Google beabsichtigten Einführung des SPYW – Search, plus Your World auswirken wird, ist noch nicht abzusehen.
Für Blogger sind bezahlte Backlinks sicher eine der wenigen, wirklich leicht zu akquirierenden Werbemöglichkeiten: Nach der Registrierung bei einem entsprechenden Dienstleister werden die Inhalte des Blogs nach bestimmten Stichworten gescannt und gefundene, passende Stichworte mit den Seiten der Kunden verlinkt. Und hier liegt die Problematik: Sind diese Links nicht als „bezahlte Links“ gekennzeichnet, liegt hier keinerlei – wenn auch nur vorgegaugelte – Neutralität mehr vor:
Es geht hier doch nur noch darum, dass im mehr oder minder großen Stil Backlinks geschaltet werden, die hier von den Bloggern verwendeten Keywords sind wichtig für das Google-Ranking der dahinterstehenden, werbetreibenden Firmen. Doch seien wir auch ehrlich: Dieses Link-Building ist in der SEO-Industrie seit Jahren ein fester Bestandteil des Business.
An sich einfach, doch verdienen kann man als Blogger doch nur, wenn man auch passende Inhalte anzubieten hat – oder diese gesuchten Inhalte erstellt. Und dies kann man als Blogger im Sinne des „Zahlenden“ optimieren: Denn die Steigerung des einfachen Links ist die so genannte Pre-Sell-Page: Sie ist nichts anderes als eine auf einen redaktionellen Kontext eines Blogs folgende Seite eines Werbekunden.
Also doch Schleichwerbung in den meisten Blogs?
„Nach § 3 Absatz 1 UWG sind unlautere geschäftliche Handlungen unzulässig, wenn sie geeignet sind, die Interessen der Mitbewerber, Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer spürbar zu beeinträchtigen. Bei geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist dies nach § 3 Absatz 2 UWG jedenfalls dann der Fall, wenn sie nicht der fachlichen Sorgfalt entsprechen und geeignet sind, die Fähigkeit des Verbrauchers, sich aufgrund von Informationen zu entscheiden, spürbar zu beeinträchtigen. Nach § 4 Nr. 3 UWG handelt unlauter, wer den Werbecharakter von geschäftlichen Handlungen verschleiert.“
Schreibt doch recht aktuell das LG Düsseldorf in seiner Urteilsbegründung vom 24.08.2011. Gleiches dürfte gelten, wenn Sie eineAffiliate-Seite erstellen um ein Produkt über einen Affiliate-Link zu bewerben. Und weiter schreiben die Richter:
„Ein redaktioneller Beitrag wird auch dann vorgetäuscht, wenn er nicht von der Redaktion verfasst, sondern mehr oder weniger unverändert von einem Dritten übernommen wird…“
Und damit sind wir schon beim Thema „Gastartikel“
Echte Gastartikel stellen für Blogger immer eine nette, sicher willkommene Abwechslung dar, sich selbst zu “profilieren” und um starke Backlinks einzuheimsen. Wenn man als Blogger erfolgreich sein möchte, muss man sich eben irgendwie von der Masse absetzen. Also gezielt Artikel schreiben oder fremde Artikel veröffentlichen, die bestimmte Themen und Stichworte aufnehmen und diese dann als Backlinks zu Firmenseiten nutzen, quasi als Auftragsarbeit, vielleicht gerade noch geschönt durch den Begriff „Gastartikel“.
Solch ein Vorgehen wäre vielleicht noch moralisch oder juristisch akzeptabel, wenn dann „Anzeige“, „Werbung“ , „Promotion“ oder Ähnliches darüber stünde: Nur reicht es aus meiner Sicht wirklich nicht, ganz unten nach (!) dem Artikel und den (bezahlten) Verlinkungen zu schreiben:
„Um die Transparenz dieses Blogs zu wahren, weise ich darauf hin, dass es sich bei diesem Artikel um eine Auftragsarbeit handelt…“
Noch schlimmer sind dann nur noch vor Eigenwerbung triefende Pseudo-Gastartikel: Denn eigentlich sollte ein Gastartikel einen fundierten, echten und vor allem neutral geschriebenen Mehrwert bringen, also die Meinung eines Gastes auf dem Blog sein und nicht nur eine willkürliche Produktvorstellung oder Präsentation enthalten.
Und erfüllt ein auch nur als „Gastartikel“ genannter veröffentlichter Beitrag diese Kriterien nicht, ist er schlicht und einfach Schleichwerbung, auch wenn nicht der Blogger selbst diesen Artikel geschrieben hat, sondern der Gast. Veröffentlicht hat diesen Artikel aber der Blogger, und hierfür gelten moralisch und vor allem juristisch gesehen wieder die Grenzen des Wettbewerbsrechts…
Auch wenn manche Bloggerkollegen vielleicht blauäugig meinen, das Thema Schleichwerbung auf ihrem Blog würde sie nicht tangieren, Schleichwerbung ist nun mal kein Kavaliersdelikt. Ich kann Ihnen hier nur einen kleinen Überblick zu diesem Thema geben, sehen Sie hierin keine Rechtberatung, machen Sie als mündiger Internetuser sich Ihre eigenen Gedanken, wie Sie zukünftig vorgehen werden,
für meinen Teil sage ich „nein Danke“ zu Schleichwerbung im Netz …
… Sie auch?
… fragt Dr. HJ Karg
PS: Um manche Kollegen von ihrer „ich mach das ja alles nur privat-geht mich nichts an“ Denkweise zu befreien: Das Thema Schleichwerbung gilt gerade auch für so manche „unter pseudo-privater Flagge segelnde“ Blogger, denn § 2 Nr. 5 b TMG erfasst „jede Form der Kommunikation, die der unmittelbaren oder mittelbaren Förderung des Absatzes von Waren, Dienstleistungen oder des Erscheinungsbilds eines Unternehmens, einer sonstigen Organisation oder einer natürlichen Person dient, die eine Tätigkeit im Handel, Gewerbe oder Handwerk oder einen freien Beruf ausübt (…)“,wenn sie mit finanzieller Gegenleistung erfolgt…
Die genannten Urteile können Sie sich ansehen unter:
BVerfG, Beschluss v. 21.07.2005, Az. 1 BvR 217/99,
Urteil des OLG München (Urt. v. 10.12.2009 – Az.: 29 U 2841/09)
Urteil LG Itzehoe (Urt. v. 06.04.2010 – Az.: 5 O 81/09)
LG Düsseldorf, Urteil v. 24.08.2011, Az. 12 O 329/11,
3 Comments
Basti
Schleichwerbung ist einfach nur nervig und anscheinend auch im Netz nicht legaler als im normalen Markt. Man kann doch auch als Blogger dazu stehen das man Werbung macht und von Firma X ein Produkt zum testen bekommt. Ist doch wirklich nichts verwerfliches
Steffen
Das Kaufen von Backlinks lohnt sich aus meiner perspektive auch nicht wirklich. Bei der Analyse meiner Mitbewerber stelle ich auch immer wieder fest, dass top Ranking auch ohne viele Backlinks möglich ist.
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